Was Citizen Kane zu einem guten Film macht

Vor einigen Jahren lasen wir im Ethik-Unterricht in Fernando Savaters Tu, was du willst – Ethik für die Erwachsenen von morgen. In Kapitel 4, Mach Dir ein schönes Leben, steht am Schluss

Jetzt, um dieses Kapitel etwas entspannter zu beenden, schlage ich Dir vor, dass wir ins Kino gehen. Wenn du willst, können wir einen tollen Film sehen mit Orson Wells als Regisseur und Hauptdarsteller: Citizen Kane. Ich rufe ihn Dir kurz ins Gedächtnis zurück: Kane ist ein Multimillionär, der ziemlich skrupellos in seinem Palast in Xanadu eine riesige Sammlung aller schönen Dinge und kostbaren Dinge der Welt angesammelt hat. … Am Ende seines Lebens geht er alleine durch die Räume seines Wohnsitzes, die voller Spiegel sind, die ihm tausendmal das Bild eines Einsamen zurückwerfen: Nur sein Spiegelbild leistet ihm Gesellschaft. Am Ende stirbt er, ein einziges Wort murmelnd: “Rosebud”. Ein Journalist versucht die Bedeutung dieses letzten Seufzers herauszufinden, aber ohne Erfolg.

Natürlich habe ich mit meiner Klasse den Film angeschaut. Was hat Kane gemeint? Was war so wichtig für ihn? Oder was bedeutet Glück für einen Menschen, der eigentlich alles besitzt, was man besitzen kann? Das Geheimnis erfährt man am Schluss des Filmes. So richtig überrascht hat uns die Lösung des Rätsels Rosebud aber nicht.

Vor 80 Jahren hat Orson Wells diesen Film gemacht, der einen unwahrscheinlichen Einfluss auf das Kino gehabt hat.

Um zu verstehen, warum Citizen Kane lange als der grösste Film aller Zeiten gegolten habe, müsse man sich nur mal die Filme anschauen, die vorher gemacht worden seien, so zu lesen auf Openculture. Der Einfluss auf das Kino sei derart tiefgreifend und seine Techniken so allgegenwärtig, dass sie heute alltäglich erscheinen. Das sagt der Sprecher des folgenden YouTube-Videos.

Und hier findet man den phänomenalen Trailer.

Weitere Informationen und Videos:
What Makes Citizen Kane a Great Film: 4 Video Essays Revisit Orson Welles’ Masterpiece on the 80th Anniversary of Its Premiere

 

Wirtschaftsfaktor Philosophie

Auf einer Seite von PR-Inside habe ich gelesen, dass die “Zweckdienlichkeit von philosophischer Beratung im Wirtschaftsleben (…) im Allgemeinen stark unterschätzt” werde. Endlich hat das wieder jemand bemerkt. Mit Philosophie lässt sich halt doch Geld verdienen. Aber warum eigentlich? Sie fülle “eine ganz entscheidende Lücke zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und praktischer Unternehmens- und Lebensführung”. Das klingt ja mächtig gelehrt.
Der Philosoph bewege sich in einem “semi-therapeutischen Umfeld”, sein Angebot reiche von der “genauen ethischen Auseinandersetzung für Konzerne bis zur erkenntnistheoretischen Analyse von Unternehmenskonzepten” und gipfelt in philosophischen Gesprächen mit den Einzelnen.

Da frage ich mich natürlich: Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse sind denn hier gemeint. Ich kenne wenig Philosphen, die tatsächlich Fachwissen in einer speziellen Wissenschaft mitbringen. Unternehmenskonzepte erkenntnistheoretisch analysieren scheint mir auch nicht besonders originell zu sein, bleibt die persönliche philosophische Beratung. Hoffentlich drücken sich die Philosophen dort etwas alltäglicher und klarer aus. Sonst wird die Philosophie kaum zu einem Wirtschaftsfaktor. Das schadet aber eigentlich auch nichts.

http://www.pr-inside.com/de/beratung-aus-anderer-perspektive-r1294.htm

Sind Geisteswissenschaften Wissenschaften?

Im Blog ideologiekritik.blogsport.de habe ich einen interessanten Artikel gefunden. Ich möchte auf einige Punkte daraus eingehen.

Der einzelne Wissenschaftler braucht sich seine Lehrmeinung nicht wegnehmen zu lassen, weder von Kollegen, noch von einem besseren Argument. Es ist sein Recht, sie zu haben, aber er hat umgekehrt die Pflicht, neben seiner Lehrmeinung die des anderen gelten zu lassen.

Dies ist nicht etwa eine Forderung, die der Schreiber stellt, sondern diese Haltung, die in der heutigen Geisteswissenschaft gelten soll, wird scharf kritisiert.

Man muss sich in diesem Zusammenhang die Frage stellen, wie objektiv denn die Resultate geisteswissenschaftlicher Forschung überhaupt sind – neben der Frage natürlich, was denn überhaupt “Geisteswissenschaften” sind. Ich kann nicht für alle Geisteswissenschaften reden, ich habe mich intensiv mit der Germanisitik beschäftigt.

Vor längerer Zeit schon habe ich die Behauptung aufgestellt, dass die Germanisten, wenn sie Texte interpretieren, eigentlich nur persönliche Werturteile abgeben. In den 80er Jahren kam frischer Wind in die Germanistik, alles schien sich zu ändern. Man sprach über wissenschaftliche Standards, man kritisierte alte Autoritäten, die mit einfühlenden Methoden zu sicheren Ergebnissen kommen wollten. Mittlerweile sind wir in der Germanistik wieder bei den Hermeneutik gelandet, oder eben zurück im Pluralismus. Literaturkritiker streiten sich im Fernsehen an der Öffentlichkeit und zelebrieren diese neue Hermeneutik.

Meine Beobachtungen stützen die These aus der Ideologiekritik. Professoren wollen sich ihre Stellen nicht streitig machen wollen, Literaturkritiker wollen Fernsehstars werden. Wir haben uns in der Germanistik wieder einen Schritt weiter von den wissenschaftlichen Standards entferntm die in Naturwissenschaften seit langer Zeit selbstverständlich geworden sind.

Im Blog der Ideologiekritik werden zwei Folgen aus dieser Situation dargestellt:

Die Geisteswissenschaftler beschäftigen sich nicht mehr objektiv mit einer Sache, man streitet sich nicht mehr über ein Objekt, weil wir ja ohnehin nichts Genaues mehr wissen können.

Es “wird die Autorität des Wissens durch die Autorität der Lehrbefugnis ersetzt. Der Dozent hat als letztes Argument für seine Auffassung, dass er der Dozent ist und den Schein zu vergeben hat.”Dem kann ich nur beifügen, dass auch dies mit meinen Beobachtungen übereinstimmt. Man kann sich kritisch zur Möglichkeit “geisteswissenschaftlicher Objektivität” stellen, letztendlich aber ist das Streiten über vermeintliche Tatsachen das allerwichtigste. Autorität sollte nur das bessere Argument haben. Ich werde mich in einem weiteren Blog mit dem Thema des besseren Argumentes beschäftigen.